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Wenn um 3.30 Uhr der Wecker klingelt...

Auslandsexpertin unseres Ortsverbandes bei Triplex-Übung in Norwegen - ein Erfahrungsbericht aus erster Hand

Um 3h30 klingelt der Wecker. In einer Stunde kommen die beiden Kollegen aus dem OV, um mich an den Frankfurter Flughafen zu fahren. Die Route geht über Kopenhagen nach Kristiansand in Norwegen. Ein Hurricane in Sörland, einer Provinz in Südnorwegen, verwüstete die Region und tausende Menschen mussten ihre Häuser verlassen, sind auf der Flucht oder verletzt, viele starben.
So das Einsatzszenario für die diesjährige Triplex, ein fünftägiges Event mit einer dreitägigen sog. „full-scale“ Katastrophenübung mit Teilnehmern von 70 NGOs und Regierungsorganisationen aus 38 Ländern.

Zusammen mit drei weiteren Kollegen aus verschiedenen OVs werden wir als sog. „Base Camp support team“ nach Norwegen reisen, um, wie im richtigen Katastrophenfall (aktuell Haiti), das Basislager für alle Freiwilligen und Zivilschutzorganisationen aufzubauen und zu unterhalten. Rund 250 Personen werden erwartet. Sie alle brauchen einen Schlafplatz, Verpflegung und sanitäre Anlagen.

Wir vier „Base Campler“,wie wir intern in der Folge von der THW-Leitung genannt werden, bringen unterschiedliche Expertisen mit ins Camp. Ein Kollege, der in seiner Funktion als „Electrician“ in der Auslandsdatenbank des THW geführt ist, wird in den kommenden Tagen die Stromversorgung des Camps sicherstellen. Der „Camp Technician“ unter uns ist von Beruf Baukonstrukteur und im THW zum Campplaner ausgebildet. Er kümmert sich um die „Safety & Security“. Fluchtwege, Kennzeichnungen, Feuerabwehr, Treibstofflager (das Camp hat eine eigene Tankstelle für die Autoflotte), Nachtbeleuchtung, und vieles andere mehr. Die „Baustellen“ des sogenannten Camp Tech sind vielseitig und im gesamten Camp gefragt.Und schliesslich gemeinsam mit dem dritten Kollegen reise ich als „WASH Expert“ an. „Water, Sanitation and Hygiene“ wie es in der internationalen Sprache des Zivil- und Katastrophenschutzes heisst, hat mitunter die höchste Priorität im Fall von Naturkatastrophen, bei denen viele Menschen substanziell betroffen sind. Schliesslich kann kein Mensch ohne sauberes Trinkwasser lange überleben. Und wo Trinkwasser genutzt wird und Abwasser entsteht, müssen bestimmte Massnahmen und Regeln getroffen und eingehalten werden, um die Mindestanforderungen an gesunde Lebensumstände zu garantieren. 

In Kristansand gelandet, treffen wir weitere Teilnehmer der Übung aus aller Herren Länder und fahren weiter nach Lista, wo wir die nächsten Tage mit Spannung erwarten. Doch zunächst müssen wir am „Zoll“ vorbei. Auf einem ehemaligen Flughafengelände (übrigens alle Gebäude „Überbleibsel“ deutscher Präsenz zur Zeit des 2. Weltkrieges) beginnt die Übung für uns mit dem Einreiseszenario. „Real life“ Übung eben. Die Zöllner (verkleidet in historischen Militäruniformen) sind uns gegenüber naturgemäss zunächst sehr skeptisch eingestellt. „Was machen sie hier, wer schickt sie, haben sie diese und jene offiziellen Papiere, haben sie Alkohol oder Drogen im Gepäck, wieviel Geld haben Sie dabei, etc.). Geduldig beantworten wir alle Fragen und unterziehen uns stoisch diesem durchaus üblichen Einreiseszenario. Nach Klärung dieser relativ zähen Einreiseformalitäten dürfen wir endlich weiter und fahren zum Camp.

Vor Ort treffen wir auf 40 weitere Kameraden aus Luxemburg, Finnland, Dänemark, Großbritanien, Norwegen, Estland und Schweden. Gemeinsam werden wir die kommende Woche das Base Camp aufbauen und managen.

Ein Basecamp besteht aus Schlafplätzen, Küche, sanitäre Anlagen, Lagerhaus, Camp Management Büros und Versammlungsraum. All das gilt es nun zu handeln. Da die Küche noch nicht steht, beginnt unsere erste gemeinsame „Aufgabe“ mit dem Abendessen. Expeditionsrationen, gefriergetrocknetes Essen zum Überleben unter extremsten Bedingungen. Die kommenden zwei Tage gibt es Frühstück, Mittag- und Abendessen aus diesen Überlebenspäckchen. Es gibt Schlimmeres. Das Essen ist sehr gut. Trotzdem wollen wir uns beeilen, die Küche auf die Beine zu stellen. Doch zunächst müssen wir uns an diesem Abend unsere eigene Unterkunft aufbauen und stürzen uns auf unser „Camp 15“, ein autarkes Set zur Unterkunft und Verpflegung von 15 Personen für mehrere Tage.
Am nächsten Morgen beginnt die Camparbeit. Vom Camp-Manager werden wir in einzelne Teams eingeteilt. Gemeinsam mit einem schwedischen Kameraden werde ich die Ver- und Entsorgungsleitungen für Trink- und Abwasser für die Küche und die sanitären Anlagen aufbauen. Ich freue mich sehr, denn Rohrleitungsbau ist mir technisch noch neu und durch die Zusammenarbeit mit dem Kameraden, der „im wirklichen Leben“ auch Wasserinstallateur ist, erlerne ich somit neue Fachkenntnisse, auf die ich in zukünftigen Auslandseinsätzen zurückgreifen und darauf aufbauen kann. Es wird ein spannender Tag, wir siechten das Material (Das „Warehouse“ des Camps ist das Material- und Werkzeuglager, hier ist alles vorhanden was das Handwerkerherz begehrt),  skizzieren die Streckenverläufe, notieren benötigte Leitungen und Anschlüsse und legen schliesslich los. PE-Rohre schneiden, verlegen (mit möglichst wenig Stolperfallen auf Wegstrecken), verbinden, anschliessen, testen ob alles funktioniert und dicht hält. Es macht großen Spaß und am späten Nachmittag ist alles erledigt. Von unserer Seite kann die Küche loslegen. Nebenbei hat der norwegische Baggerfahrer des Camps eine Sickergruppe für das sog. Grauwasser aus der Küche ausgehoben. In der gleichen Zeit hat unser Elektriker die gesamte Stromversorgung der Küche installiert und fachgerecht abgesichert. Auch er im wahren Leben ein Meister seines Faches.
Am nächsten Tag steht der Aufbau und Anschluss von sog. „Pre-fabs“ auf dem Plan, vorkonstruierte Dusch- und Toilettenhäuschen. Hier kommen gleich mehrere Fachleute (Konstrukteur, Elektriker, Installateur, etc.) aus verschiedenen Ländern auf einer „Baustelle“ zusammen und stellen bis zum Abend des 2. Tages die komplette sanitäre Infrastruktur für die rund 250 Teilnehmer auf die Beine.

Am dritten Tag unseres Aufenthaltes rückt der Beginn der eigentlich Übung immer näher und die letzten „Feinarbeiten“ im Camp werden erledigt. Am kommenden Nachmittag reisen die Übungsteilnehmer an. Wie bestellt kündigt sich ein heftiger Sturm über Norwegens Südküste an. Der Ex-Tropensturm „Karl“ soll uns in den kommenden Tagen mit Regen und Windgeschwindigkeiten bis zum 25m/s tatkräftig bei der Übung unterstützen. Wir verlegen hunderte von Metern Geotextil auf Wegen und Fluchtwegen, kennzeichnen Wege und Zelte, räumen Material und Reserven ins Warehouse und sind nun bereit für das Szenario der Triplex 2016 ).

Von der Übung draußen im Umland des Camps bekommen wir IHP´ler nur am Rande etwas mit. Das ist einerseits sehr schade, andererseits aber auch gar nicht anders machbar. Unsere THW-Kollegen auf Teilnehmerseite (4 Personen SEEWA Team mit Labor, 2 Personen HCP Team als „Vorausteam“, 2 Personen TAST zur Unterstütung des EUCPT) erleben die Übung „da draußen“ und trainieren im „real-live“-Modus einen Einsatz nach einem Wirbelsturm. Doch keinesfalls bedauere ich mein Glück an dieser Übung auf der IHP-Seite eingesetzt worden zu sein. Es war definitiv „real-live“ und hat einen Riesenspaß gemacht und ich konnte jede Menge lernen.

Während der Übung wurde ich Teil des „OSOCC support team“. Ein 10-köpfiges Team für den Aufbau und Unterhalt des OSOCC (On-site Organisation and Coordination Center), in dem ca. 30-40 Menschen unterschiedlichster Organisationen (u.a. UNHCR, WHO, WFP, EU) das Katastrophenmanagement koordinieren. Wir bauen sieben weitere Zelte mit Beleuchtung und Stromversorgung auf. Die Zelte wurden in kürzester Zeit zu komplett ausgestatten Büros umgestaltet, sogar ein A3 Plotter fand den Weg „auf die Wiese“. Ich war sehr beeindruckt, von der Teamarbeit und den verfügbaren Ressourcen.

 Während der Nacht hielten wir in 2h-Schichten Wache zu Zweit im OSOCC. 24h musste ein ICT´ler ansprechbar sein, falls es ein Problem bei IT-Infrastruktur, Netzwerk oder Datenleitung auftrat. So kam es das ich für den Rest der Woche nie mehr länger als vier Stunden Schlaf bekam. Diese Verantwortung war spannend und abenteuerlich. Norwegen bei Nacht. Es war übrigens sehr mild, die Besonderheit des norwegischen Klimas konnte ich schon im Sommerurlaub erleben. Selbst die Nächte waren kaum kühler als die milden Tagestemperaturen. Es gab tags immer Wind und im Verlauf der Übung immer mehr und rund um die Uhr.  

Das OSOCC support team wurde auch Teil des RDC, das Reception and Departure Center des OSOCC. Tagsüber besetzten wir die Rezeption und unterstützten wo wir konnten mit Informationen an Teilnehmer und Schausteller dieser für mich gigantischen, internationalen Zivilschutzübung.

Es wurde in der Tat noch richtig spannend zum Ende der Woche mit dem herankommenden, realen Sturm. Viele Zelte mussten sich ihrem ersten wahren Sturm stellen und wir begannen die Abspannriemen noch einmal richtig zu straffen, füllten Sandsäcke und verstärkten Zeltwände und Heringe damit. Immer öfter regnete es nun auch und weitere Sicherheitsmaßnahmen wurden umgesetzt. Entsprechend ergaben sich noch weitere „Szenarien“ die wir in guter THW-Manier in toller Zusammenarbeit mit den Kameraden aus vielen anderen Ländern gemeinsam gemeistert haben.

Es hat enorm viel Spaß gemacht, ich habe sehr viel gelernt und viele nette Menschen kennengelernt, die alle eines verbindet: Spaß an Technik und Freude am Helfen im Team.

Viola Huck, Helferin OV Trier, “Water Source Expert” SEEWA


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